Ein Reisebericht unseres ‘Grazers’ und seine Erfahrungen mit einem Auto oder „Seid nett zu euren Mitarbeitern, denn sie suchen euren Mietwagen aus“
Der Reisebericht eines (unseren) Grazers, mit dem Hinweis dass ein Leidensweg auch eine Wegstrecke sein kann:
Tja, ich geb’s ja offen und ehrlich zu, bevor ich freiwillig und aus eigenem Antrieb so eine Motorkutsche aus dem Hause VW‐Audi zu Fortbewegungszwecken verwende, ziehe ich die Neuanschaffung eines geeigneten Schuhwerks vor.
Woher diese aversion kommt? Nun, da sind einmal die „Bastler“, die Tonnen von Euronen in eine alte Blechkiste stecken, um sie so umzugestalten, daß nicht einmal ein blinder TÜV‐Beamter mit zudrücken aller Seh‐ und Hühneraugen eine Bewegungserlaubnis mit eigenem Antrieb auf öffentlichem Fortbewegungsgelände zu gestatten, zum Anderen sind da die ewig‐links‐schlafenden Halbpensionisten, die besser Golf spielen als fahren sollten, und dann sind da nicht zu vergessen die Besitzer jener VW P®olo, deren Bodenabstand in den bereich der Tierquälerei fällt, weil sie beim überfahren jedwede Ameisenart köpfen…
Ach ja, und die silbergrau‐blaugestreiften Dienstbastards der öffentlichen Sicherheitsbehörde, die immer dann unterwegs sind, wenn schönes Wetter herrscht und die in siuzidgefährdeter Art und Weise uns Biker aus unseren Freiheitsträumen auf zwei Rädern brutal raus reißen…
Nun gut, als ich zum ersten mal Lobgesänge auf den neuen VW Bastard zu lesen bekam, überlgete ich, ob ich mich nicht doch mal von jahrelang bestätigten (vor)Urteilen lösen sollte, aber aus Mangel an Gelegenheiten bedurfte es einer Realisierung dieser Wahnsinnsidee doch nicht. Bis gestern…
Ich landete um 20.50 Uhr MEZ am Flughafen Zürich‐Kloten. Mein Abenteuer mit den eidgenössischen Eigenheiten nahm seinen Anfang, aber das ist eine andere Geschichte. Es sei nur kurz erwähnt, daß ich nach wie vor im Flughafen Zürich‐Kloten die Verwirklichung eines abschreckenden Beispieles eines militant geführten Nichtraucherflughafens mit reisendenunfreundlicher Architektur sehe…
Nach immerhin einer halben Stunde, dem versuchten Totschlag einer etwas sonderbar anmutenden und auch so handelnden Informationsstandsbediensteten schaffte ich es schlußendlich doch, den Mietwagenschalter zu erreichen, dem ebenfalls schwerst suizidgefärhrdet handelndem Schreibtischtäter die Schlüssel zu meinem Mietwagen und in weiterer Folge auch die Abstelldaten des betreffenden Reisemittels zu entlocken. Nach weiteren 20 Minuten war auch der Gesuchte, aber nicht gewünschte Mietwagen gefunden: ein VW Bastard Variant TDI, nein, der Passat ist ein recht flotter Landwind… und wird nicht von VW produziert!
Für mich als ein in Bregenz lebender Grazer ist ein wiener Kennzeichen ja nicht unbedingt etwas Negatives, es beschert eher so etwas wie Narrenfreiheit, verstärkt durch die Unfähigkeit, die hier gebräuchliche Mountainlanguage fehlerfrei wiederzugeben…
…und Nachtblau stört ja nächtens nicht…
Der druck auf den mittleren Knopf des Schließklumpens (die Bezeichnung „Schlüssel“ ist aufgrund der klobigen Ausprägung des Schließ‐und‐Öffnungsgerätes deplaziert!) sollte in meinen laienhaften Augen die Heckklappe des überlangen Asphaltgleiters öffnen. Auch nach mehrmaligem Druck auf den Knopf wurde allerdings die Öffnung der Klappe verweigert. Auf manuellem Eingriff hingegen ließ sich ein öffnen jedoch erzwingen und gleichzeitig auch ein erster Irrtum bereinigt: ein VW ist kein Mercedes, bei dem die Klappe wirklich fernbedient geöffnet und nicht nur entriegelt werden kann!
Das Ladegut war recht schnell verstaut, der Gepäckwagen auch, allerdings nicht im groß anmutenden Heck des Kombis, denn dafür ist es einfach zu klein geraten, der Stauraum ist nicht gerade übermäßig viel länger als der meines kompakt ausgeführten, japanesischen Reiskochers, den man um ein Viertel des hier vorgefundenen Fahrzeugpreises erhält…
Hinter dem zierlichen, airbagausgefüllten Steuerrädchen einmal Platz genommen, kann man sofort die deutsche Gründlichkeit erfahren! Selbst nach dem zwanzigsten Einstellversuch des Fahrersitzes läßt sich keine ergonomisch zumutbare Sitzposition für euren Grazer finden, der ihm auch noch ungehinderten Blick auf die hinter dem Lenkrad verborgen angebrachten Fahrzeuginstrumente erlaubt…
Nun saß ich da in diesem außen ewig langem, innen beengend eingrenzend ausgeführtem Fahrgerät. Irgendwie war mir aber das sitzen zu wenig, als echter und reinrassiger Grazer will man zur Vernichtung etwaiger (vor)urteile den Selbstbeweger (auto‐mobile) ja auch bewegen, oder?
Also machte ich mich auf die Suche nach einem wie bei anderen Fahrzeugen üblichen Metallteil am Schlüssel, in diesem Fall am Schließklumpen, doch da war nix! Na gut, man liest ja Zeitungen, Illustriterte und so und da gibt es ja derweilen den Trend, wie vor Siebzig Jahren rote Knöpfe mit der Aufschrift „Start“ einzubauen. Aber offensichtlich nicht bei VW. Damit war ein weiterer Irrtum bereinigt: Alle, ausgenommen VW, folgen allgemeinen Trends.
Alles, was ich durch Tasten (sehen mit den Fingerspitzen, anm. d. redaktion) finden konnte, war ein sonderbar grobschlächtig ausgeformter Schlitz im Amaturenbrett (als Amaturenlandschaft, wie so etwas von Motorjournalisten gerne bezeichnet wird, kann man diese eintönige Plastikwüste wirklich nicht deklarieren!), aus der ich dann nach wenigen Minuten meinen Finger entfernt hatte und in den der Schließklumpen formschlüssig eingeführt werden konnte.
Abgesehen von ein paar nun aufleuchtenden, schon in der Fahrschule erklärten Meldeleuchten war aber keine Änderung festzustellen. Selbst der Geräuschpegel war unverändert bei „0“. Und dort stand auch der Drehzahlmesser, soweit ich es durch Verrenkungen im Nacken feststellen konnte.
Wieder tastete ich Ideen‐ und Ziellos das Amaturenbrett ab. Wieder hatte ich Glück! Durch unbeabsichtigtes ganz‐rein‐drücken des Schließklumpens in die Schließklumpenhalterung änderten sich schlagartig Geräuschpegel und Drehzahl, LKW‐ähnliches Vibrieren erfüllte das lieblos angeordnete Plastik mit so etwas ähnlichem wie Leben (als Biker spricht man nicht von „Klappern“…).
Nach verlassen des Flughafens suchte ich so rasch als möglich einen Parkplatz auf, um die aktuell unergonomische Sitzhaltung durch eine andere, ebenso unergonomische, aber nicht so schmerzhafte Sitzhaltung zu ersetzen, was mir auch beim zwanzigsten Versuch notdürftig gelang.
…und so gelangte ich gestern nacht heim nach bregenz. — und heute morgen nach Feldkirch ins Büro… ohne (vor)Urteile abzubauen, sondern sie noch zusätzlich zu bestärken! Und zu guter letzte füllte der VW Bastard Variant TDI die Akkus meines Herzschrittmachers noch unaufgefordert bis an die Selbstzerstörungsgrenzen auf…
Fazit: ein VW beschleunigt nicht wie japanesische Reiskocher durch Änderung der Drehzahl des Motors in einen höheren Bereich, sondern durch Wechseln der Getriebeübersetzung. Eines habe ich daraus auch noch gelernt: VW‐Audi bauen Fahrzeuge, die weder Japaner noch Koreaner freiwillig kopieren werden… und euer Grazer wird bis an sein Lebensende Reiskocher deutscher Wertarbeit vorziehen…
Ich wünsche herzliches Beileid.